Hyperbaustelle

2110 – Landflucht

Montag, 07. Juni 2010 von nov

nov, 7. Juni 2110

Habe mich gerade in die Computer und Cams einer großen Wasserlilie eingeloggt. Erstaunlich, wie schnell sich das urbane Leben auf das Meer verlagert hat. Zuerst war es ja eher eine Notmaßnahme: steigender Meeresspiegel, ergo: schwimmende Häuser – Landgewinn für Japaner, Niederländer und Inselstaatenbewohner. Inzwischen sind wir Landratten in der Minderheit. Viele ziehen das Leben in diesen Aufsehen erregenden Architekturen vor, die von keiner Naturkatastrophe in Mitleidenschaft gezogen werden können. Mit einem E-Logistiker der 30.000-Einwohner-Lilie stehe ich in Kontakt. Er arbeitet im 12. Stockwerk unter Wasser. Auf meine Bitte hin richtet er hin und wieder die Kamera durch das riesige Bullauge nach draußen. Ich sehe viele Tentakel von oben ins Wasser greifen. An ihren Enden sind verschiedene Geräte befestigt, mit denen die Stadt im Meer stabil gehalten, Strömungsenergie gewonnen oder Abwasser verteilt und zersetzt wird. Roboter, die ihre Reparatur-arbeiten verrichten, und Fische durchziehen in Schwärmen das Bild.

To be continued …

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Zug der Opportunisten

Freitag, 04. Juni 2010 von urb

Marc-Uwe Kling hat recht – noch denken die meisten, sie könnten durch Trittbrettfahren und Anpassung persönlichen Erfolg sichern. Dass wir mit unseren Denk- und Wirtschaftsweisen an natürliche Schranken stoßen, ist anscheinend den wenigstens bewusst. Opportunismus sollte mittlerweile zu den Todsünden gerechnet werden.

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2110 – Wasserwährung

Mittwoch, 02. Juni 2010 von nov

nov, 2. Juni 2110

Nach dem Zusammenbruch der Geldwirtschaft hat sich eine elementare Währung herausgebildet: der Wasserverbrauch. Wir messen alle Dinge in Litern Wasser, die zu ihrer Herstellung benötigt werden.

1 Orange: 50 Liter
1 Tasse Kaffee: 140 Liter
1 Kilogramm Reis: 3.000 Liter
1 Kilogramm Käse: 5.000 Liter
1 Mikrochip: 32 Liter
1 Paar Schuhe: 8.000 Liter
1 bedienbarer Computer: 20.000 Liter
1 Selbstbeweger: 400.000 Liter

Mit jemandem sein Wasser zu teilen, ist das größte Gastgeschenk, ganz wie es die Fremen aus der alten Schwarte »Wüstenplanet Dune« hielten. Dass ein fantastisch anmutendes Buch so viel Wirklichkeit enthalten könnte, überrascht mich immer wieder, wenn Gloria und ich feierlich unsere Lippen mit nicht aufbereitetem, tiefem und deshalb nicht erneuerbarem Grundwasser benetzen.

To be continued …

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Erneut im Mai

Montag, 31. Mai 2010 von urb

Im Mittelpunkt des Baustellenmais stand neben der Landtagswahl in NRW das Buch des Visionärs Jeremy Rifkin über die Möglichkeit einer empathischen Zivilisation, dessen Lektüre ich wärmstens empfehle. Warum Netzkultur zerstreuend, inzestuös und utopisch zugleich ist, hat mich auch im vergangenen Fliedermonat beschäftigt, ebenso die Poesie der Statistik und die moralische Anstalt des Kabaretts, diesmal am Beispiel Hagen Rethers. Nov fürchtete die entfesselten Riesen der nicht regenerativen Energiegewinnung und die postchristliche Exkommunikation.

Flieder

Foto: Nina

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Keiner wäscht reiner – Hagen Rether

Freitag, 28. Mai 2010 von urb

Es ist eine besondere Form von Hygiene, sich von Hagen Rether den Kopf waschen zu lassen. Was die machen, alles rauskriegen und was er sich aufregt, das erfährt man von ihm einen ganzen langen Abend gut getaktet, vertont und im wahrsten Sinne des Wortes reinigend.

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2110 – Exkommuniziert?

Mittwoch, 26. Mai 2010 von nov

nov, 26. Mai 2110

Tatsächlich ist die Exkommunikation die schwerste Strafe, die einen Menschen heute treffen kann – der Ausschluss von der Teilnahme an allen unseren Kommunikationsmitteln, die Sperrung des Netzzugangs, die Verweigerung des Logins und der Robotersteuerung. Eine Exkommunikation bedeutet die Vernichtung der globalen Identität, den Entzug des Wissens, das Ende des Austauschs, den Verlust jeder Operabilität, Orientierung und Teilhabe.

Mir ist allerdings niemand bekannt, der exkommuniziert wurde, weder aus der realen noch aus der virtuellen Welt. Vermutlich dient diese Vorstellung einer postchristlichen Hölle nur der Abschreckung. Tatsächlich ist Kommunikation in unseren Tagen eine religiöse Handlung geworden. Beichten nehmen wir uns in unseren Blogs, Foren und Chatrooms sub rosa gegenseitig ab. Wie im historischen Beichtstuhl sehen wir unserem Beichtvater nicht direkt ins Gesicht und erhalten das Bußsakrament durchs digitale Gitter.

To be continued …

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Die empathische Zivilisation

Sonntag, 23. Mai 2010 von urb

Ein Denker, der Regierungen und Konzerne berät und trotzdem subversiv und kreativ weiterdenkt? Auf Jeremy Rifkin trifft das zu. Der amerikanische Soziologe, Ökonom und Gründer der Foundation on Economic Trends hat die Lizenz zum Abwatschen und fordert nun ein völlig neues und empathisches Denken, um unseren Planeten vor dem Untergang zu retten. Ein Buchtipp für Utopisten.

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Ab in die Schweiz? Poetische Pfingststatistik

Freitag, 21. Mai 2010 von urb

Statistisch gesehen können selbst Krisen und Katastrophen beherrschbar wirken. Hoffen wir also, dass der Heilige Geist zu Pfingsten über uns kommt und wir der Politik des Zauderns und der Landflucht gehörig den Marsch blasen können.

Blasen alle in das gleiche Horn? Das der Schweizer ist immer etwas gleicher: stabiler Franken, Neutralität und Steuerparadies.

Blasen alle in das gleiche Horn? Das der Schweizer ist immer etwas gleicher: stabiler Franken, Neutralität und Steuerparadies.

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2110 – Traumfabrik

Mittwoch, 19. Mai 2010 von nov

nov, 19. Mai 2110

Ein Mann bewegt sich in einer Steppenlandschaft auf eine Felsgruppe zu. Er verlangsamt sein Tempo auch kurz vor dem Felsen nicht. Bevor er aufläuft, öffnet sich der Stein. Der Mann geht hinein, der Fels verschließt ihn in sich. Eine Frau steht vor einem großen blühenden Kastanienbaum, das Licht trifft so auf die Blätter, dass sie die Frau spiegeln. Sie steht vor einem riesigen Mosaik aus sich selbst. Sie spricht durch dieses und mit der Stimme des Windes zu den Menschen, die auf den Feldern der Ebene arbeiten.

Diese Szenen stammen aus einem Film aus unserer Region, den ich mir gestern angeschaut habe. Die Filme unserer Zeit sind alle vollkommen synthetisch hergestellt – perfekte Technobilder ohne eine echte Außenaufnahme und ohne Schauspieler. Je virtueller ihre Herstellungsweise desto mehr beschäftigen sie sich mit der Natur und der Eingebundenheit des Menschen in sie. Verschmelzungen und Dialoge mit der Natur kennzeichnen unsere Traumfabrik.

To be continued …

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Netzkultur – Utopie oder Inzest?

Montag, 17. Mai 2010 von urb

Hier ein Fundstückchen, da eins – im Netz sind fleißige Sammler unterwegs. Ihre elektronischen Briefmarkenalben sind hübsch anzuschauen, durchaus geistreich und mit seltenen Stücken veredelt. Aber allzu oft täuscht das bunte Spektrum kosmetisch über die Tatsache hinweg, dass es an Aussagen mangelt und das Netz sich an zahlreichen Stellen einfach reproduziert. So kann man unter der Make-up-Schicht der Aktualität alles oder nichts in der Netzkultur finden – oft auch leider letzteres.

Frank Westphal, der Macher des News-Aggregators Rivva

Frank Westphal, der Macher des News-Aggregators Rivva, möchte den anschwellenden Informationsfluss im Web durch eine Frank-Schirrmacher-Maschine bändigen, die umso besser wird, je länger man sie benutzt.

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2110 – Märchenunhold Makler

Dienstag, 11. Mai 2010 von nov

nov, 11. Mai 2110

Werte sind immer mit anderen Menschen verbunden. Es gibt sie nicht abgelöst davon. Alles gehört uns gemeinsam. Wir kommunizieren immer offen, weil es nichts gibt, was wir zurückhalten müssten. Wir bezahlen mit unserer Zeit, mit unseren Wissen und unseren Fertigkeiten, und wie die Menschen aller Zeitalter, am Ende mit dem Leben. In den Märchen fürchten unsere Kinder vor allem die finstere Figur des Börsenmaklers, obwohl sie sein hauptsächlich gebrauchtes Wort nicht verstehen: kaufen.

Wozu gab es früher eine Branche, die mit einem abstrakten Zahlungsmittel handelte? Und nicht nur das: Ihre im Grunde völlig überflüssigen Agenten machten die Ströme dieser Fetische zum eigentlichen Inhalt und lösten sie immer weiter vom Menschen und seinen Bedürfnissen ab. Warum gab es in diesem System vor allem negative Werte? Wieso verursachten Menschen sogenannte Schulden, sobald sie nur existierten? Warum rentierte man sich einfach nicht, ebensowenig sinnvolle Arbeiten? Was heißt, Zocken war Herrschaftswissen?

To be continued …

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Husch, husch in den linken Ausleger!

Montag, 10. Mai 2010 von urb

Die SPD kapiert es einfach nicht: Die Wähler wollen auch in NRW kein Rot-Grün ohne eine kleine Gewichtsverlagerung in den linken Ausleger. Die Alternative, eine große Koalition am Ende mit Rüttgers als Ministerpräsidenten, würde das Schiff des Bürgervertrauens endgültig versenken.

Das Boot im Gleichgewicht halten, ab in den Ausleger ...

Das Boot im Gleichgewicht halten, ab in den Ausleger ...

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