Hyperbaustelle

2110 – Für den Körper lernen wir

nov, 12. Feb. 2110

Ich habe gerade sehr über eine kortikale Einspielung gelacht, die die primitive Lernweise unserer Vorfahren betrifft: „Blended Learning“ – die sinnvolle Verknüpfung von Präsenzunterricht und E-Learning-Elementen. Heute führen wir uns Informationen direkt neuronal zu und betreuen uns gegenseitig, diese Infofluten zu verkraften. Ja, es kommt niemand mehr in die Gelegenheit, das komplett anwenden zu können, was seine Neuronen für ihn gespeichert haben und in einer Neokortex-umspannenden Bewusstseinswolke omnipräsent halten. Deshalb begeben wir uns einmal in der Woche in die Schule, um unseren Körper wieder an unseren sich ständig verändernden und explodierenden Geist zu gewöhnen. Nicht für die Neuronen, sondern für den Körper lernen wir, sagen wir uns vor, während wir komplizierte Bewegungsabläufe trainieren und uns des Glückes erfreuen, dem uns die Hormonausschüttungen unserer Muskeln teilhaftig werden lassen … Die Schule ist ein Wissenseindämmungs-apparat geworden – oder war sie das nicht schon immer?

To be continued …

Alle Tagebucheinträge von nov aus dem 22. Jahrhundert

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 12. Februar 2010 um 11:35 Uhr von nov veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Tagebuch 2115 abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen. Du hast die Möglichkeit einen Kommentar zu hinterlassen, oder einen Trackback von deinem Weblog zu senden.

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8 Comments »

  1. Oha, im 20. Jahrhundert landen die Menschen, die mit ihrem Wissen nicht zurechtkommen, gewöhnlich in einer Anstalt, im 22. Jahrhundert heißen diese dann Schulen … Eine interessante Entwicklung.

    Hat man da auch den Format C-Befehl vorgesehen?

    Comment: Nina – 12. Februar 2010 @ 20:05

  2. Tja, Nina, eine Anstalt, in die alle gehen, nennt man eben Schule! Und dort bekommt man seit Jahrhunderten gesagt, was man zu denken hat! Format C wird durch sein Gegenteil bewirkt: durch den Wissensinfarkt, Herr Schirrmacher ist mir vermutlich jetzt sehr dankbar. LG nov

    Comment: nov – 12. Februar 2010 @ 20:56

  3. Hi nov, meinst du die „Auswanderung des Denkens aus dem Gehirn“- das Phänomen Overmind Debatte? Brilliant!!
    Format C kann aber auch als „Löschen der Festplatte“ aufgefasst werden. LG

    Comment: Nina – 12. Februar 2010 @ 22:12

  4. Es ist ja eher die Einwanderung der Gedanken in das Gehirn, also das Denken jenseits des Subjekts. Jedenfalls stellt sich die Frage: Was am Denken ist subjektiv? Oder was ist das Eigene im Geborgten? Oder ist das Subjekt dort, wo sich etwas reproduziert? LG urb

    Comment: urb – 13. Februar 2010 @ 20:39

  5. Subjektiv kann nur die emotionale Affinität zum dem einem oder anderen Gedankenstrom sein. Aber woher kommt sie?
    Werden eines Tages die Ein- und Auswanderungen der Gefühle aus dem Herzen genauso neuronal zu- oder abgeführt?
    Ich bitte um eine Vision – die von James Cameron ist wohl nicht ganz gelungen.
    LG

    Comment: Nina – 14. Februar 2010 @ 09:48

  6. @nina: Das mit der emotionalen Affinität zu einem Gedankenstrom als eine Definition des Subjekts gefällt mir. Der Neurologe A.R. Damasio schreibt in seinem Buch Der Spinoza-Effekt über den Zusammenhang von Emotionen, Gefühlen und Geist: „Die Emotionen treten auf der Bühne des Körpers auf, die Gefühle auf der Bühne des Geistes. … Emotionen und verwandte Phänomene bilden die Grundlage für Gefühle, für die mentalen Ereignisse, die das Fundament unseres Geistes bilden.“ Gruß urb

    Comment: urb – 16. Februar 2010 @ 15:15

  7. In der Tat wäre jeder von uns eine perfekte Hyperbaustelle, ein regelmäßiger Up-load von Fakten, der, nennen wir es mal, neuronal eingelagert wird, ein 2. System, hier Körper genannt, mit mehr oder weniger präzisen Funktionen (siehe Hormone oder geistige Fähigkeiten) und eine außer uns liegende Stelle (Schule?), die zwischen der Funktion und den Daten verzweifelt nach einer passenden Verknüpfung sucht. Apokalypse now! Insbesondere wenn man in eine solche Konstellation „reingeboren“ wird. Und dann die Chaosgewinner, die für bestimmte Up-loads die Steuern senken oder die Fakten in sogenannte Fakten verwandeln. Da sehnt man sich nach dem guten alten Nervensystem, das schon an der ersten Synapse (von draußen rein) zeigt, wer hier der Capo ist und diesen Eingang schon vor seinem Eintreffen im Bewusstsein hemmt oder fördert. Weitere Spam-Filter sind dann dazwischen und nachgeschaltet. Klar geht Information verloren, Individualität nicht, denn das Filtertuning ist dann wieder Chefsache. Modell 2110 kann dagegen keine Individualität entwickeln. Es erinnert an eine große offene Excel-Datei, vor der kein User sitzt, weil die Aufgabenstellung niemals generiert wurde. Zum Beispiel wird die vom Menschen so perfekt eingeübte Futtersuche schon zum Problem, nicht nur in der Ausführung (Weg zum Kühlschrank), sondern bereits in der Motivation, Hormonbildung und -ausschüttung sind auch zu 80% letztlich neuronal gesteuert. Mit einer Schulreform ist das in 100 Jährchen nicht zu regeln. Verknüpfungschips! (industriegesponsert) in rosa für Mädchen und hellblau für Jungs oder etwa scharz-gelb oder grün-rot, Ausländerintegration inbegriffen. Die Lese-Rechtschreibschwäche geht gen Null, bei Schizophrenie wird der Chip gewechselt werden und je nach Finanzstatus der Krankenkassen gibt es bei Alzheimer ein Up- oder Download. Und wenn dann die letzten Greise mit den allerletzten eigenen Verknüpfungen ausgestorben sind, wird man dringender denn je einen Herrgott brauchen.

    Comment: vali – 22. Februar 2010 @ 22:49

  8. […] 2110 beschäftigte sich mit Optimierungen des menschlichen Großhirns (Viren, Wörter und Gefühle, Für den Körper lernen wir) und mit der Deutschen liebstes Kind, ihrem fahrbaren Untersatz: Ewig so weiterfahren. Dass […]

    Pingback: Hyperbaustelle » Februar-Kehraus | Utopie-Blog – 28. Februar 2010 @ 17:24

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